Interview mit Hans Bättig

Interview Sommelier-Magazin im «Hotelier» mit Hans Bättig

Foto Hans Bättig

Hans Bättig ist Chefexperte Wein bei der Eidgenössischen Berufsprüfung für Sommelière/Sommelier und leitet die Weiterbildungskurse Wein an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in Wädenswil. Er ist diplomierter ETH-Agraringenieur und hat sich auf Weinsensorik spezialisiert. Als Inhaber der Bättig Weinkonzepte GmbH in Luzern berät er Weinproduktions- und Weinhandelsbetriebe in önologischen Sachfragen. «Degustieren ist lernbar. Die Grundregeln sind einfach, zu Meisterehren gelangt man aber nur durch Übung und Erfahrung», sagt Hans Bättig, der von der Generalversammlung für seine Verdienste um die hochstehende Qualität zum Ambassador-Ehrenmitglied des Sommelierverbandes Deutschschweiz ernannt.

Von Bruno-Thomas Eltschinger

 Was bringen Weinreisen für den Sommelier?
Weinreisen schaffen Direktkontakte. Weine werden plastischer, wenn man ihre Entstehungsgeschichte vor Ort erlebt und die Menschen kennt, die sie aus der Taufe gehoben haben. Das fördert die Beratungskompetenz und erhöht die Glaubwürdigkeit der Weinempfehlung.

Von welchem Wein haben Sie am meisten in Ihrem Privatkeller?
Es ist kein einzelner Wein, der die Spitzenposition hält. Es gibt zwar einige sichere Werte, die ich immer wieder reiche - darunter viele Schweizer Weine. Die Vielfalt aber ist‘s, welche Abwechslung bringt und verschiedene Bedürfnisse bei Tisch zu befriedigen mag.

Welchen Geruch, welchen Geschmack verbinden Sie mit Ihrer Kindheit?
Ich bin sehr landwirtschaftsnah aufgewachsen. Baumfrisch der Genuss der ersten Kirschen und Äpfel (Berner Rosen), gemähtes Gras und Heu in allen Trocknungsstadien, gesägtes Holz, Föhrenharz, Moos und feuchtes Laub.

Was ist ihr Hobby?
Habe ich eines? Manche behaupten, ich hätte das Hobby zum Beruf gemacht. Trotzdem: Ich höre gerne Cantautori italiani, lese Krimis und verunsichere die Gegend mit Inlineskating.

Wo verbringen Sie Ihre Ferien?
Oft in Italien zwischen Mare und Monti, wo in jeder Region der heimische Wein die lokalen Gerichte auf unspektakuläre, aber effektvolle Weise begleitet. Als Kontrast gerne auch im europäischen Norden mit seinen kargen Landschaften, den Fjorden und Schären – nicht zu vergessen: die Biere und der Cider.

Welcher ist der beste Schweizer Schaumwein?
Die Schweiz ist kein eigentliches Schaumweinland, obwohl es Häuser gibt, die sich um die Kunst seiner Herstellung schon früh verdient gemacht haben. Neueren Datums sind die Bestrebungen einiger Betriebe, im Stil der klassischen Flaschengärung charaktervolle Qualitäten zu schaffen. Spontan kommt mir der Bartholie, ein Premier Cru der Coteaux de Dardagny von der Domaine de la Planta in den Sinn.

Was sind für Sie die wichtigsten Eigenschaften eines Sommeliers?
Begeisterung und Leidenschaft, die offene Art, viel Empathie und gute Umgangsformen. Dazu: Gute Weinkenntnisse und die Kompetenz, einen Wein zu einem Gericht zu empfehlen, so dass die Gäste das Gefühl haben, sie hätten unbestrittenermassen die einzig richtige Wahl getroffen.

Welchen persönlichen Ratschlag würden Sie angehenden Sommeliers geben?
Die Food & Beverage-Märkte im Auge behalten, dies auf Produkt- und Kundenseite. Die Fähigkeit entwickeln, Mainstream-Angebote zu deuten und daraus das Flair für Nischenangebote abzuleiten.

Was ist die schwierigste Aufgabe eines Sommeliers?
Das Schwierigste ist der Empfang der Gäste, die Eröffnung einer Kundenbeziehung: Den Gast rasch zu verstehen, seine Bedürfnisse zu erkennen und einen ersten Akzent zu setzen.

Wie gross ist eine ideale Weinkarte?
Eine ideale Weinkarte passt zum Stil des Lokals, zu seinem Speisenangebot. Sie gewährt dem Gast eine gewisse Wahlfreiheit und dem Sommelier die Möglichkeit, den Empfehlungsspielraum zu nutzen. Ausserdem sollte zu jedem Gang eine genügend grosse Weintypenauswahl zur Verfügung stehen.

Ist es anstrengend berufshalber immer Wein trinken zu müssen?
Grundsätzlich trinke ich von Berufes wegen nicht. Ich selektioniere und präsentiere Weine, schule Profis und Laien. Würde ich trinken und nicht degustieren, hätte meine Performance bald ein Ende. Das gute Glas Wein gönne ich mir und andern nach getaner Arbeit.

Welche Rolle spielen Parker-Punkte bei Ihrem Weineinkauf?
Sie sind eine ernst zu nehmende Referenz, eine unter vielen. Ratings haben zudem Hochkonjunktur. Eine Punktzahl ist schliesslich der kürzeste Weinkommentar – und für viele Gäste der einzige, den sie lesen können.

Sollten die Gäste zuerst den Wein oder die Speise wählen?
Man sollte ihnen die Wahl lassen und die Wein- und Speisekarte zusammen präsentieren. Als Gast studiere ich oft zuerst die Weinkarte, damit ich – wenn meine Begleitung die Speisen gewählt hat – um eine Weinempfehlung nicht verlegen bin.

Was würden Sie jedem Sommelier verzeihen?
Eine Wissenslücke, die – wenn sie zugegeben wird – sogar Charme versprühen kann. Allzu oft darf dieser Bonus aber nicht geltend gemacht werden.

Was würden Sie einem Sommelier nie verzeihen?
Unhöflichkeit, Überheblichkeit und Besserwisserei.

Was ist das Geheimnis eines guten Weines?
Guter Wein ist mehrdimensional. Er hat die Fähigkeit, sich über die Zeit - in der Flasche wie im Glas- immer wieder neu zu erfinden, sei es in Bezug auf seine Vielfalt in der Breite oder seine Komplexität in der Tiefe.

Welche Trends sehen Sie im Weingeschmack junger Leute?
Weissweine punkten mit  fruchtiger Frische und saftiger Säure. Bei Rotweinen dominiert das Wuchtige und Opulente. Vieles tendiert ins Süssliche. Wie immer lösen Trends auch Gegentrends aus. Vielleicht wird dereinst der leichtere Rotwein mit weniger gerbstoff- und alkoholgeprägtem Körper wieder zum Tipp werden. Der Sommer lässt grüssen.


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