Interview mit Elio Frapolli:

Bild Elio Frapolli

Warum ist der Sommelier zu einem Trendberuf geworden?
Genuss steht im Vordergrund des Lifestyles, das Interesse an Essen und Wein wird durch die Medien noch gefördert, aber das Wissen um Getränke ist auch lustvoll, die Kurse sind professioneller und unterhaltender geworden.

Was bringen Weinreisen für den Sommelier?
In der Ursprungs-Region wird der Zusammenhang zwischen dem Charakter der Weine und dem Boden, der Geologie, dem Klima, der Geschichte, Kultur und Kulinarik deutlich und erfahrbar. Diese Erfahrung bringt das Verständnis für Aromatik, Farbe sowie Haptik der Weine und das wiederum ermöglicht im Weiteren ein besseres, gelungeneres Food Pairing.

Sind Sommeliers eher Entertainer oder Verkäufer, die Gästen etwas andrehen sollen?
Es sind Profis, die das Wissen über Getränke und Essen haben, spüren, welcher Gast welche Persönlichkeit hat und welcher Wein zu all dem passen könnte. Sommeliers sind Verkäufer ohne belehrend zu wirken, sie können Spannendes zum Getränk und dessen Geschichte erzählen und dadurch Interesse eventuell auch an Neuem, Überraschendem wecken. Aktionen ermöglichen dem Gast auch einmal Rares und Hochwertiges zu attraktiven Preisen zu versuchen. Im wirtschaftlichen Sinne ist ein Sommelier ein guter Keller-Manager.

Was sind für Sie die wichtigsten drei Eigenschaften eines Sommeliers?
Wissen und Erfahrung, Neugier sowie Menschenkenntnis.

Was darf ein Sommelier nie sagen?
Belehrungen. Und „schöner Wein“.

Was ist die schwierigste Aufgabe eines Sommeliers?
Ewiges Lernen.

Welches war das prägendste Erlebnis in Ihrer Laufbahn als Sommelier?
1991 habe ich ca. 30-40 Tessiner Winzer und Weinbaufirmen besucht, als ich unser Angebot neu definierte. Eine wunderbare Zeit des Aufbruchs, in der ich viele Freunde fürs Leben gewonnen habe.

Welchen heutigen Sommelier bewundern Sie
Meinen Freund und Sommelier-Weltmeister Paolo Basso.

Welches Restaurant weltweit hat heute den besten Sommelier und wie heisst er?
Jon Arvid Rosengren vom Charly Bird, New York.

Welches Restaurant in der Schweiz hat heute den besten Sommelier und wie heisst er?
Reza Nahaboo, Hotel Royal Savoy, Lausanne.

Wie gross ist Ihre Weinkarte?
Klein und fein: ca. 60-70 Weine. Sie wechselt immer wieder, da ich Neues entdecke, das ich meinen Gästen dann gerne als Insidertip anbiete.

Welche Flasche Schweizer Wein verkaufen Sie sehr gerne?
Meiner Herkunft und Liebe geschuldet zuerst unsere Tessiner, daneben Kreatives aus der Deutschschweiz und Westschweiz.

Welcher ist für Sie der beste Schweizer Schaumwein?
Der wunderbare Spumante NOIR von Angelo Delea oder der Vin Mousseux Osterfinger Mühliwy nach traditioneller Flaschengärung der Familie Stoll.

Spielt ökologischer Weinbau bei Ihren Gästen eine grosse Rolle?
Noch nicht wirklich, aber Nachhaltigkeit wird immer wichtiger.

Wie verkaufen Sie Naturwein oder Orange-Wein Ihren Gästen?
Aktuell gar nicht, ausser jemand wünscht sich diesen für einen speziellen Anlass. Interessant ist dieser Bereich auf seine zukünftige Entwicklung.

Wie geht das eigentlich, den passenden Wein zur Speise auszuwählen?
Am besten Speisen und Weine aus derselben Region. Gleiches Klima, Kulturgeschichte, Geologie und auch die Tiere ernähren sich vom selben Boden.

Welche Fragen werden von Ihren Gästen meistens gestellt?
Woher kommt die Empfehlung, wie schwer ist der Wein… Ich sage dann meistens ca. 750 Gramm pro Flasche ...Dann folgt die Erklärung.

Was ist das Geheimnis eines guten Weines?
Weinberg, Weinberg, Weinberg. Dann die Liebe und Qualität des Winzers.

Was ist für Sie ein preiswerter Wein?
Wenn meine Lust und Erwartung mit dem Weingenuss übereinstimmen, dann ist der Wein den Preis wert.

Welche Winzer sind Ihnen die liebsten und warum?
Alle diejenigen, die ich in den letzten 30 Jahren persönlich kennen- und schätzen gelernt habe. Die meisten sind starke Charaktere – denselben, den ich in ihren Weinen wiedererkenne. Einige sind einfach faszinierend, authentisch und viele sind meine Freunde geworden. Es sind jene Winzer auf der ganzen Welt, die ihre Energie für guten Wein in sich tragen.

Welches ist Ihr persönliches Lieblings-Weinland in Europa, ausser der Schweiz?
Das ist schwierig, für mich als „Lateiner“ eher Italien und Spanien. Aber ich liebe genauso Österreich und Portugal. Und auch in Frankreich gehören einige Regionen zu meinen Lieblingen.

Welche Trends sehen Sie im Weingeschmack junger Leute?
Mainstream süffige Weine, meistens durch hohen Alkohol gepufferte Tannine, vielfach gut gemachte „easy drinking“ Weine mit leichter Restsüsse.

Welche Weingebiete oder Regionen sind die zukünftigen positiven Überraschungen?
Schweizer Regionen, wo junge Nachfolger am Werk sind. Ost-Europa und immer weiter nördlichere Weingebiete, wegen des Klimawandels.

Nennen Sie eine Weinregion, die im nächsten Jahr besonders erfolgreich sein wird und warum?
Weiterhin Spanien, für viele, zur Zeit feine Weine zu erschwinglichen Preisen. Klassische Weine werden immer erfolgreich sein, weil Beständigkeit in der Qualität sich auszahlt. Und weil Geld für Promotion da ist.

Von welchem Wein haben Sie am meisten in Ihrem privaten Weinkeller?
Gut verteilt zwischen Schweiz – klar bei mir: Tessiner Weine – Italien und Spanien. Dann etwas Frankreich, Österreich und natürlich Neue Welt. Dazu einige neue Weinländer.

Welche zwei Weine würden Sie auf die einsame Insel mitnehmen?
Sicher einen charaktervollen, pfeffrigen Syrah und einen seltenen Merlot del Ticino, und schmuggeln würde ich noch einen knackigen Sauvignon blanc von der Loire. Von allen so viel wie möglich – und ein Klimagerät, für die richtige Temperatur.

Was ist Ihr Hobby?
Sport, Motorrad, Reisen, Literatur, Zigarren und immer wieder Weine auf der ganzen Welt entdecken ... und dann noch kochen für und mit meinen Freunden.

Ihr Lieblingsessen?
Vieles – Pasta, Fisch, traditionelle Fleischgerichte und meine Risottos. Dazu Tessiner Küche, auch modern interpretiert.

Mit welcher Persönlichkeit auf der Welt würden Sie eine Flasche Petrus trinken?
Peter Ustinov, Helmut Schmidt, Dieter Meier und mit meiner Frau.

Was ist Ihr Lebensmotto?
Momenti di passione, Augenblicke der Leidenschaft. Und: die 4 „M“, man muss Menschen mögen.

Haben Sie einen grossen Traum?
Dass wir mit unserer Unternehmung auch gegen die unglaublich gewachsenen multinationalen Kettenbetriebe bestehen können. Alle anderen Träume lebe ich oder habe viele gelebt.

Was halten Sie für Ihre grösste Tugend, was für Ihr grösstes Laster?
Ich bin umgänglich, arbeitsam, stolz auf unsere Geschichte – so viel zu meinen Tugenden. Gemäss meiner Frau gebe ich zu viel für Wein aus, und für Spontankäufe – das wären dann wohl meine Laster.

Welchen Luxus leisten Sie sich gelegentlich?
Freizeit.

Welcher Versuchung widerstehen Sie nicht?
Feinem Essen und feinen Getränken.

Was bringt Sie auf die Palme?
Ungerechtigkeit, Uneinsichtigkeit und Bereicherung von Politikern und so genannten Wirtschaftskapitänen. Auch ich bringe mich auf die Palme, bei eigenem Fehlverhalten.

Welches Kompliment hören Sie am liebsten?
Ein ehrliches.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Als Casserollier im Internat, jeden Tag für 250 Mitschüler abwaschen. CHF 35.-Fr.  – im Monat!

Was schätzen Sie am Schweizer Sommelierverband besonders?
Das unglaubliche Engagement für die Zukunft des Berufes SOMMELIER, die Offenheit zur Zusammenarbeit mit den Weinverbänden, die Ausbildungsstätten für Sommeliers und dass der Verband es fertiggebracht hat, dass ein Sommelier heute durch den Eidgenössischen Fachausweis auch den verdienten, europäisch anerkannten Fachtitel erhält. 

 

Logo Hotelier neu


 

 

 

Zum Hotelier- Heftarchiv →

Seit vielen Jahren ist «Hotelier» das offizielle Verbandsorgan des Schweizer Sommelierverbandes ASSP-SVS.

An dieser Stelle publiziert der Verband Highlights aus der Schweizer Sommelier- und Weinszene.

Der Sommelierverband Deutschschweiz bevorzugt die Produkte unserer PLATINUM-PARTNER:

elemant selection
Seit 1863

 Feldschlösschen LogoSTUDER Logo

 

 

 

 

 

Sponsoren:

1 Swiss Wine sw