Interview mit Aurelien Blanc:

Foto Aurelien Blanc

Was bedeutet Ihnen der Preis „Swiss Wine Award 2017“ für den besten Kenner Schweizer Weine?
Es ist das Resultat meiner täglichen Arbeit, bei der die Weine und ganz speziell Schweizer Weine im Vordergrund stehen. Dafür reise ich, besuche Weingüter und lerne natürlich auch viel aus Fachbücher. Als ich vor 15 Jahren in die Schweiz kam, war es noch nicht die Regel, dass ein französischer Sommelier Schweizer Weine pusht. In der Zwischenzeit hat es sich gut entwickelt, weil die Gäste spüren, dass ich ehrlich und mit Leidenschaft hinter den Schweizer Spezialitäten stehe.

Was schätzen Sie am Gewinner des „Prix Quatromani“ als bester Sommelier der Schweiz?
Der Gewinner Rezza ist talentiert, hat viel gearbeitet und gehört auch menschlich zur hervorragenden jungen Generation von Sommeliers, die herzlich und weltoffen sind.

Was sind für Sie die wichtigsten drei Eigenschaften eines Sommeliers?
Zuhören, Psychologie, service- und verkaufsorientiert sein, starke Fachkompetenz in Sachen Küche und Getränke.

Was darf ein Sommelier nie sagen?
Nein.

Was ist die schwierigste Aufgabe eines Sommeliers?
Geduld und Zurückhaltung bewahren.

Welches war das prägendste Erlebnis in Ihrer Laufbahn als Sommelier?
Spannende Degustationen und Erfahrungen, der Austausch mit Winzern, Kollegen und Gästen. Meine Arbeit hat mich schon an das Ende der Welt gebracht.

Welchen heutigen Sommelier bewundern Sie?
Von denen, die ich persönlich kenn: Serge Dubs für die Treue zu seiner Firma, er ist in der Region geblieben, Enrico Bernardo für seine Modernität, Paolo Basso für seine Degustations-Kompetenz und so viel junge internationale Sommeliers, die unsere Zukunft sind.

Welchen Sommelier in der Geschichte werden Sie nie vergessen?
Jean François Piat vom Restaurant Côte Saint Jacques.

Welches Restaurant weltweit hat heute den besten Sommelier und wie heisst er?
Die Auberge de l’Ill mit Serge Dubs, auch wegen der gesamten Brigade, die Sommeliers wie die Service-Crew.

Welches Restaurant in der Schweiz hat heute den besten Sommelier und wie heisst er?
Ich habe eine Idee, aber ich will nicht prätentiös sein. Es ist wie beim Wein: Geschmackssache. Schauen Sie die Teilnehmer vom letzten Concours an und ich kann garantieren, dass sie alle talentiert sind. Wichtig ist auch, wie sich ein Sommelier in seinem Haus fühlt und wie frei und gut seine Direktion ihn unterstützt, zudem natürlich die Zusammenarbeit mit Küchenchef. Ein Sommelier ist ein Einzelgänger, aber nie allein!

Wie gross ist Ihre Weinkarte?
600 Positionen.

Welche Flasche Schweizer Wein verkaufen Sie sehr gerne?
Pinot noir aus Graubünden, Spezialitäten aus Wallis, Cornalin ist mein Liebling in rot in der Schweiz, aber auch Amigne sèche und Petite Arvine begeistern mich. Es sind genau meine persönlichen Favoriten bei Schweizer Wein.

Welcher ist für Sie der beste Schweizer Schaumwein?
In der Beziehung muss ich Franzose bleiben, also „No comment“.

Sind Schweizer Weine im Restaurant überzahlt?
Im internationalen Vergleich und mit den Bedingungen der Herstellung, dem Qualitätsniveau der Schweizer Hotellerie und Restauration, den Löhnen… Nein! Das Preis-Leistungs-Verhältnis von Schweizer Weinen stimmt in allen Bereichen, die Frage ist: Sind Weine im Restaurant generell überbezahlt? Die Antwort ist abhängig von Gastronomiestrukturen, Angebot und Nachfrage.

Ist es anstrengend berufshalber immer Wein trinken zu müssen?
Wir trinken ja nicht! Wir degustieren und es ist eine intellektuelle Arbeit.

Spielt ökologischer Weinbau bei Ihren Gästen eine grosse Rolle?
Mehr und mehr.

Wie verkaufen Sie Naturwein oder Orange-Wein Ihren Gästen?
Es ist natürlich Erklärungsbedarf da, es sei denn, der Wein spricht für sich selbst. Man muss ein gewisses Risiko eingehen, aber im Offenausschank ist es sicher möglich.

Welche Rolle spielen Parker-Punkte bei Ihrem Weineinkauf?
Sie sind strategisch wichtig, besonders für Bordeaux – wieviel investiert man, mit welchen Gewinnchancen und eventuell Wiederverkauf. Aber, am Ende geben die Gäste und das Gastronomiekonzept die Guide Line.

Wie geht das eigentlich, den passenden Wein zur Speise auszuwählen?
Zusätzlich zur Berücksichtigung der klassischen Kriterien wie Aromatik, Garmethode, Saucen…– man braucht Gefühl, Sensibilität, Intuition, und Erfahrung, daneben muss man auch etwas ausprobieren und, es klappt nicht immer das erste Mal.

Sollten Ihre Gäste zuerst den Wein oder die Speisen wählen?
Wie Sie wollen, es funktioniert in beide Richtungen! Aber, das Wort Restaurant (se restaurer) bedeutet hauptsächlich Essen, deswegen kommen die Gäste meist in ein Restaurant mit traditionellem Konzept.

Welche Fragen werden von Ihren Gästen meistens gestellt?
Ausser Weinkompetenz, seit wann sind Sie da? Oder sie möchten etwas wissen über die Qualität gewisser Jahrgänge, neue Trouvaillen und vieles Weitere mehr.

Was macht Gäste bei Wein unzufrieden?
Das passiert nur, wenn man die Gäste nicht emotional abholen kann, in der Regel ist der Wein nicht der Grund für Unzufriedenheit, sondern etwas Anderes steckt dahinter. Unsere Aufgabe ist es, herauszufinden was. Deswegen ist die menschliche Qualität so wichtig. Alles ist eine Frage der Perspektive und der Sommelier muss herausfinden, was die Gäste glücklich macht.

Welche Trends sehen Sie im Weingeschmack junger Leute?
Sie sind „open minded“ und man kann eigentlich nichts Verallgemeinern: was stimmt ist, dass Trends heute schnell vorbei sind, aber Produkte mit Qualität werden sich immer durchsetzen und sind immer geschätzt, nach wie vor ist dann die Menge weniger, aber die Qualität besser.

Welche Weingebiete oder Regionen sind die zukünftigen, positiven Überraschungen?
Mit der Klimaentwicklung wird sich früher oder später alles ändern. Also, wer weiss? Ich denke, dass bei traditioneller Herstellung Länder wie Spanien, Italien, Frankreich aber auch hinsichtlich ihres Rufes vermeintlich „kleine Regionen“ noch nicht alles gezeigt haben, was sie können. Es braucht einfach manchmal eine inspirierte Persönlichkeit, die es schafft, den Wein zu positionieren, so wie z.B. im Falle der USA, Spanien oder Italien. Und auch bei Pionieren ist der Erfolg oft nur eine Frage der Zeit.

Bei welchen Weinregionen wird das Interesse abnehmen?
Bei denjenigen, die sich nicht mit Authentizität und Qualität platzieren.

Nennen Sie eine Weinregion, die im nächsten Jahr besonders erfolgreich sein wird und warum?
Portugal, Slowenien, Osteuropa – diese Regionen sind schon erfolgreich, aber vielleicht noch nicht so im Rampenlicht für das Publikum.

Was ist das Geheimnis eines guten Weines?
Man muss schmecken, von wo er kommt, es gibt eine Geschichte zu erzählen und es macht Spass, ihn zu trinken. „And the rest is history“.

Was ist für Sie ein preiswerter Wein?
Wenn man für den Preis, den man bezahlt hat, Freude am Wein hat und die Qualität stimmt. Hinsichtlich des Qualitätsaspekts ist es schwierig, einen interessanten Wein unter CHF 10.00 zu finden.

Von welchem Wein haben Sie am meisten in Ihrem privaten Weinkeller?
Von den Geburtsjahrgängen meiner Kinder! Allerdings gehören sie mir ja nicht wirklich, sie sind für später. Es sind natürlich Burgunder, rot und weiss.

Welchen Wein trinken Sie meistens mit Ihrer Frau, an einem romantischen Abend?
Es geschieht leider sehr selten, aber Champagner gehört sowieso dazu. Es ist zwar nicht so originell, aber wir haben noch nichts Besseres gefunden.

Welche zwei Weine würden Sie auf die einsame Insel mitnehmen?
Da ich mir eine warme Insel vorstelle und ich wahrscheinlich nicht unbedingt einen Korkenzieher dabei habe, natürlich Champagner (praktisch zu öffnen und erfrischend) von Mesnil sur Oger. Eher ein reifer Jahrgang, ansonsten auch – warum nicht – ein 20 Jahre alter, grosser Wein von Vosne Romanée, wenn ich nie mehr zurückkommen sollte.

Welche Winzer sind Ihnen die liebsten und warum?
Die Winzer, die sich selbst und ihre Stilistik gefunden haben. Diejenigen, die nichts mehr beweisen müssen, die die Natur und den Charakter der Region gut zur Geltung bringen können. Unterschrift: Ausgeglichen, Eleganz, Rasse.

Welches ist Ihr persönliches Lieblings-Weinland in Europa, ausser der Schweiz?
Nach Frankreich, Österreich.

Wieviel kostete der teuerste Wein, den Sie jemals bestellten? Wie heisst er?
Das ist vertraulich – tut mir leid. Der Preis hat nichts damit zu tun. Wichtig ist das Wie, Wann und Mit-Wem, einfach der Spassfaktor. Ich finde die Schmerzgrenze fängt bei CHF 150.00. Den Rest kann ich durch meine Arbeit sowieso regelmässig degustieren. Selbstverständlich habe ich schon Weine für 4-stellige Beträge für meine Ausbildung bestellt. Das passiert aber nur selten, im Moment sogar gar nicht. Aber meine Freunde wissen, was mich begeistert…

Mit welcher Persönlichkeit auf der Welt würden Sie eine Flasche Petrus trinken?
Einen 1947er mit meinem Vater, die anderen Jahrgänge eher mit dem Team auf dem Weingut oder mit meinen Gästen im Restaurant. Ich will nicht „snobby“ wirken, aber man kann ruhig ohne diese Petrus-Erfahrung leben.

Was wollten Sie als Kind gerne werden?
Ich wollte mit Holz arbeiten, also Schreiner oder Holz-Schumacher. Ausserdem wäre ich gerne Kunst-Auktionator geworden.

Was ist Ihr Lebensmotto?
Carpe Diem – und füge keinem anderen einen Schaden zu.

Haben Sie einen grossen Traum?
Eine eigene Wein-Bar, ein Restaurant oder Oenotourismus auf einem Weingut. Würde ich eine Million Franken gewinnen, würde ich meinen Traum von der Selbstständigkeit realisieren.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Ich habe bei Zusatzveranstaltungen in Restaurants gearbeitet.

Was halten Sie für Ihren grössten Vorzug bzw. Ihren grössten Fehler?
Coolness und Dynamik, wenn alles klappt und Ungeduld, wenn ich den Eindruck habe, etwas zu verpassen.

Welchen Luxus leisten Sie sich gelegentlich?
Eine Flasche Champagner Grande Cuvée, ein Wochenende in einem anderen Luxus-Hotel und einem grossartigen Restaurant – es gehört auch zu meinem beruflichen Interesse.

Welcher Versuchung widerstehen Sie nicht?
Schlafen.

Welches Kompliment hören Sie am liebsten?
Es kommt darauf von wem es kommt.

Wer produziert die besten Weingläser und warum?
Geschmackssache, Riedel, Zalto und Lalique haben auch Nachahmer und Ikea ebenso eine gute Glas-Linie einfach nur nicht Luxus. Das Thema ist in jedem Fall ebenso faszinierend und unendlich wie Welt der Weine.

Was schätzen Sie am Schweizer Sommelierverband besonders?
Unsere Leidenschaft für den Wein und die Möglichkeit, sich auf Augenhöhe mit Kollegen austauschen zu können. Motivation und Unterstützung von Arbeits-Netzwerk und man lernt immer neue Leute und andere Visionen von Wein kennen.

Wieviel sollte ein Sommelier in der Schweiz mindestens verdienen?
Der Anfangslohn nach dem Diplom sollte meiner Meinung nach bei CHF 4800 Brutto liegen für jemanden der ca. 20-25 Jahre alt ist, die Position Commis oder Jung-Sommelier hat. Danach – je nach Profil, Restaurantstruktur und Talent „unendlich“…

 

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