Mein Tango mit dem Malbec

Was tut sich in der Weinszene Argentiniens? Entstehen da bloss Massen- oder Billigweine – oder auch qualitativ hochstehende Erzeugnisse? Hotelier-Weinexperte Bruno-Thomas Eltschinger war im Herzen Argentiniens unterwegs – und berichtet ganz persönlich aus Mendoza.

Wer eine Reise nach Argentinien tut, nimmt ziemlich viele Klischees mit: Tango, Assado, Malbec und Gaucho Empanadas, Pampas und Anden, Gletscher und Sonne. All diese Vorstellungen und Erwartungen wurden für mich nicht nur erfüllt, sondern auf positive Art und Weise übertroffen. Die Argentinier sind sympathisch und haben das charakteristische Erbe ihrer vorwiegend europäischen Vorfahren bewahrt. Was mir auf diesem Kontinent bereits aus dem Flugzeug ins Auge sticht, ist, dass sie sehr fleissig sind. Sie haben ihr Land mit extremem Klima und ebensolcher Geografie in einen grünen Garten verwandelt. Keine Fläche wird ungenutzt gelassen. Die Pampas dienen als Weideland für die argentinischen Rinder – und immer mehr gehört zu den natürlichen Ressourcen auch der argentinische Wein. Beim fünftgrössten Weinproduzenten der Welt stimmt die Qualität – und das paradoxerweise auch dank billigen Massenweinen!

Jose Manuel OrtegaInvestmentbanker und Winzer
Aufgrund der Wirtschaftskrise wurde es für ausländische Investoren günstig, in Argentinien zu investieren. Auch der Spanier José Manuel Ortega Gil-Fournier, ehemals Investmentbanker und Weingutbesitzer in seiner Heimat, nutzte die Gunst der Stunde. In der Weinregion Cuyo im Uco Valley erwarb er 290 Hektar Weingärten. Mein erster Besuch galt seinem berühmten Weingut Fournier, etwa zwei Autostunden nördlich von Mendoza gelegen. Er baute eine futuristische Winery mit Edelstahl, Zement, Holz und Steinen aus den Anden. «El Ufo» nennen die Einheimischen das 18 Meter hohe Bauwerk von Argentiniens berühmtesten Architekten Eliana Bormida und Mario Yanzon. Sie haben nicht nur eine ästhetische Landmarke am Fusse der Anden gesetzt, sondern ein bis ins letzte Detail durchdachtes Betriebsgebäude für Weinerzeugung geschaffen. Das ganze Gebäude ist so konzipiert, dass für den Transport von Lesegut und Wein hauptsächlich die Gravitation genutzt und der Einsatz von Pumpen auf ein Minimum reduziert wird. Zwanzig Meter tief liegt das Fasslager, wo die Abfüllung ohne Pumpen vorgenommen wird. Die Weinbergsarbeit geschieht selbstverständlich von Hand, was einerseits die Qualität sichert, andererseits der einheimischen Bevölkerung willkommene und sichere Arbeit gibt.

Das Erfolgsgeheimnis: Hygiene und Kontrolle
Als wichtigsten Teil für die Qualitätssicherung betrachtet Jose Manuel Ortega die Hygiene im Weingut und die Vinifikation. Das optische Highlight bei meinem Weingutsbesuch war der Barrique-Weinkeller. Durch entsprechende Beleuchtung wird das Kreuz des Südens mit Tageslicht nachgebildet. Der Spitzencuvée des Hauses («a Crux») ist ebenso nach diesem Sternbild benannt. Neueste Technik, totale Hygiene und ständige Kontrolle sind die Geheimnisse seines Erfolges. Der Chefönologe Jose Mario Spisso, ein kleiner unscheinbarer Mann mit listigen Äuglein, gilt als Kapazität in Südamerikas Weinbranche. Neben hochdotierten Rotweinen setzen Jose Manuel Ortega und Mario Spisso auch Massstäbe bei den hoch aromatischen Torrontes aus dem Norden und bei den Sauvignon Blancs. Anders als viele Grosskonzerne arbeitet Jose Manuel Ortega ausschliesslich mit Top-Qualität. Das Ziel ist am Ende, nicht nur in Argentinien einer der besten Erzeuger zu sein, sondern auch in Spanien und Chile. Ein Klischee hat sich im Übrigen diesmal nicht bestätigt: Ein Investmentbanker kauft einen Weinberg, weil er sowieso schon alles hat. Wenn man mit Ortega zusammentrifft, begegnet man einem Winzer mit Leidenschaft. Alles, was er tut, neben Präzision und Perfektion, ist mit Leidenschaft verbunden. Dies führte ihn wohl auch nach Argentinien, wo die Leidenschaft Zuhause ist.

susana balboBesuch bei der «Queen of Torrontes»
Meine Weintour führte an­-schliessend weiter nach Lujan de Cuyo zu einer nicht weniger leidenschaftlichen Weinpersönlichkeit, zu Susana Balbo vom Weingut Dominio del Plata. Obwohl sie eine sehr vielseitige und interessante Persönlichkeit ist, lässt sie lieber ihre Weine, ihre «Kinder», sprechen. In Argentinien wird sie liebevoll als «Queen of Torrontes» oder «Evita of Wine» bezeichnet. «Die Schaffung meiner Weine bei Dominio del Plata ist für mich die Krönung all meiner Bemühungen als Winzerin, die Ernte von einer Menge Arbeit während vieler Jahre. Für mich ist dieses Weingut wie mein dritter Sohn, ein wahr gewordener Traum», erzählt sie. Darum nennt sie die eine Linie ihrer Weine «Crios», wie Kinder. Ben Marco, ihre zweite Linie, produziert Susana als eine Hommage an den «traditionellen» argentinischen Wein-Stil. Dies sind ausdrucksstarke, hoch konzentrierte Weine, wo die primären Aromen der Trauben im Weinberg und die Frische der Frucht im Vordergrund stehen. Die Premium Line trägt ihren eigenen Namen, «Susana Balbo». Diese Weine sind der ultimative Ausdruck ihrer Fähigkeiten als Winzerin. Eleganz, komplexe Aromen und Raffinesse spiegeln den Geschmack und die Vorliebe von Susana Balbo wider.
Ob es an den Menschen oder am Wein liegt, Argentinien hat Suchtgefahr. Wer einmal dort war, kehrt immer
wieder zurück!


Der Autor Bruno-Thomas Eltschinger ist Präsident des Deutschschweizer Sommelierverbandes (SVS/ASSP), Leiter der Sommelier-Fachschule Zürich und
Kolumnist im Magazin «Hotelier»

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