Ladina Lemm

Ladina Lemm lebt und liebt ihre grosse Leidenschaft Wein. Nach erfolgreichen Jahren in St. Moritz, Davos und Berlin kaufte sie mit ihrem damaligen Mann 1990 das Dorfrestaurant und Hotel Piz Umbrail in Sta. Maria, Val Müstair von ihren Eltern. Gault Millau verlieh ihnen 16 Punkte und 1 Michelin Stern für die inspirierte Gourmet-Küche. 2011 erfüllte sie sich ihren Traum der Sommelier-Ausbildung. Nach über 20 Jahren wechselte sie dann in den Weinhandel und ist nun zu ihren Wurzeln zurückgekehrt. Das Piz Umbrail in Sta. Maria ist ein Kleinod, das sie ganz nach ihren Wünschen neu gestaltet hat – vom Ambiente über die Speisen und natürlich die Weinauswahl. Die Pionierin als dipl. Sommelière in Graubünden hat früh erkannt, dass ein Restaurant neben einem Küchenchef auch eine gute Weinfachfrau braucht.

 

Interview mit Ladina Lemm
von Nadja Oehrlein und Bruno-Thomas Eltschinger
                                                                       

Das Hotel Piz Umbrail ist Ihr Kleinod – was war und ist Ihnen für Ihr Hotel und Restaurant wichtig?
Ich verstehe es als Privileg, Gastgeberin im Piz Umbrail zu sein. Es ist mir wichtig, frische und kreative regionale Produkte für begeisterte Gäste anbieten zu können, welche sich gerne überraschen lassen. Ich schaffe für den Gast ein stimmungsvolles und heimeliges Ambiente, mit dem ich mich identifiziere und in dem der Gast sich wie zuhause fühlen kann. Der Gast soll neben den leckeren Speisen einen guten Schluck Wein in einer ungezwungenen und fröhlichen Umgebung geniessen können.

Sie kennen beide Arbeitswelten, den Handel wie die Gastronomie. Wo liegt für Sie der Unterschied in der Weinberatung?
Gute Weine schenken viele Restaurants aus. Weine brauchen besondere Pflege. Besondere Weinberatung ist meine Leidenschaft. Essen und Trinken ist wichtig für den Körper. Es soll der Seele Freude bereiten. Es ist wichtig, dass die Weine zu den jeweiligen Gerichten des Hauses passen. Der Wein muss dann gemäss Empfehlung mit Geschick und Sorgfalt serviert werden.
Im Handel ist es wichtig, auch eine kompetente Beratung zu leisten, die den langfristigen Wünschen des Kunden gerecht wird und natürlich seinem Budget entspricht. Meistens möchte der Kunde auch Weine aus verschiedenen Ländern weltweit haben, so muss die Beratung auch neue Entdeckungen beinhalten, die zu den Ansprüchen des Kunden passen.

Was hat Sie dazu bewogen, die Weiterbildung zur diplomierten Sommelière zu machen?
Wein hat mich schon immer fasziniert. Die Welt der Weine, Kellertechnik und die Rebsorten-Vielfalt ist enorm. Als ich merkte, dass die Gäste mehr Wissen über Wein haben als ich, habe ich mich mit 47 Jahren entschieden, meinen lang ersehnten Traum Sommelier in die Tat umzusetzen. So konnte ich mir optimal fachliche Sicherheit verschaffen.

Hat sich das Berufsbild des Sommeliers gewandelt?
Durch die seit einigen Jahren installierte Eidgenössische Berufsprüfung zum Sommelier hat der Beruf eine Anerkennung auf nationaler Ebene erreicht. Dadurch hat der Sommelier-Beruf einen höheren Stellenwert erlangt, mit dem auch der Schweizer Tourismus als zusätzliche Kompetenz für die Gastronomie werben kann. Der Sommelier ist nun auch GASTGEBER und Genussbotschafter.

Was sind für Sie die wichtigsten drei Eigenschaften eines Sommeliers?
Fachlich inspiriert, über die neusten Entwicklungen und Ereignisse im Bilde zu sein. Mehrere Sprachen sprechen können. Dienen zu können, Dienstbereitschaft und dem Gast jeden Wunsch zu erfüllen.

Sind Sommeliers eher Entertainer oder Verkäufer, die Gästen etwas «andrehen» sollen?
Der Sommelier / Sommelière muss in der Lage sein, seine fachliche Autorität durchzusetzen und dabei Sicherheit an Kenntnisse und Erfahrung unserer Professionalität beherrschen. Er muss in der Lage sein, den Geschmack des Gastes zu «ertasten».

Warum soll Sommelier ein Trendberuf sein?
Wir müssen unseren Lebensstil überdenken und den masslosen Konsum zurückfahren. Der Sommelier/ Sommelière ist ein Diener mit einer Führungsfunktion. Traditionellerweise verwaltet er den Weinkeller sowie die Speisekammer. Der Sommelier serviert bei den Mahlzeiten, empfängt Gäste und organisiert Feste und Empfänge.
Ein Sommelier/ Sommelière hat eine klare Verantwortung gegenüber der Gesellschaft an jedem unserer Reiseziele und gegenüber der Umwelt. Unsere Verpflichtung gegenüber dem Gast stützt sich auf ein gutes und gesundes Leben. Sommelier ist auch als Genussbotschafter ein Trendberuf.

Was darf ein Sommelier nie sagen?
Sommelier/Sommelière ist Dienstbereitschaft für den Gast. Es gibt also kein «Nein», sondern nur «ja, sehr gerne».

Was ist die schwierigste Aufgabe eines Sommeliers?
Ein guter Butler zu sein.

Wieviel sollte ein Sommelier in der Schweiz mindestens verdienen?
6000 CHF/Monat

Welches war das prägendste Erlebnis in Ihrer Laufbahn als Sommelier?
Es ist eine Kunst, den passenden Wein zu kredenzen, jedoch eine grössere Kunst, den einzigen Wein ohne Etikette zu servieren. Das Budget erlaubte uns damals – im Jahr 1990 – nicht, teure Weine in grossen Mengen zu lagern. Wir hatten jedoch über 200 Positionen auf unserer Weinkarte. Für mich war es eine Ehre, damals Martha und Daniel Gantenbein als Gast zum Mittagessen bei uns im Haus zu haben.
Wie sollte es anders sein, natürlich wählten sie den Wein, der bei uns ohne Etikette im Keller lagerte und von dem zudem nur noch eine Flasche da war. Nun wie sollte ich diesen verkaufen? Ich fragte sie einfach, «Herr Gantenbein, würden Sie einen Château Cos d'Estournel 1985 auch ohne Etikette erkennen und trinken»? Was er sofort mit einem ja beantwortet hat. Ich brachte den Wein, sie schmunzelten und tranken mit Genuss den Château Cos d'Estournel 1985. Seitdem gibt es bei mir nie mehr, nur noch eine Flasche im Keller und schon gar nicht ohne Etikette.

Welchen heutigen Sommelier bewundern Sie?
Nicole Rutz im Restaurant Theater 11 in Zürich

Welchen Sommelier in der Geschichte werden Sie nie vergessen?
Paulo Basso

Welches Restaurant weltweit hat heute den besten Sommelier und wie heisst er?
Nature Family Resort im Südtiroler Pflerschtal, Herr Eros Teboni.

Welches Restaurant in der Schweiz hat heute den besten Sommelier und wie heisst er?
In der Deutschschweiz Aurélien Blanc vom PAVILLON RESTAURANT Hotel Baur au Lac in Zürich. Schweizer Sommeliermeister 2018. Zudem gewann er den Prix Laurent-Perrier für den besten Champagner Service und die «TROPHÉE SWISS WINE – KENNTNISSES DER SCHWEIZER WEINE», somit ganze 3 Preise.

Wie gross ist Ihre Weinkarte?
Meine Weinkarte besteht aus Schweizer Weine, besondere Flaschen aus der Bündner Herrschaft. Momentan sind es insgesamt Positionen verschiedener Rebsorten vom Schaumwein über Weiss- und Rot- bis zum Dessertwein. Daneben haben wir einige Raritäten aus Italien und Spanien passend zu den Piz Umbrail Speisen. Trouvaillen für Weinnasen.

Ist es anstrengend berufshalber immer Wein trinken zu müssen?
Da ich eine Genussbotschafterin bin, ist es eben mit Genuss verbunden.

Spielt ökologischer Weinbau bei Ihren Gästen eine grosse Rolle?
Ökologie geht uns alle an, es ist sehr wichtig.

Wie verkaufen Sie Naturwein oder Orange-Wein Ihren Gästen?
Selbstverständlich verkaufe ich nur Weine, die ich persönlich kenne und deren Winzer und Winzerinnen auch ihre Kellertechnik preisgeben und deren Handschrift für mich stimmen.

Welche Rolle spielen Parker-Punkte für Ihre Weinkarte und Ihre Gäste?
Gar keine.

Nach welchen Kriterien empfehlen Sie Ihren Gästen den passenden Wein zur Speise?
Die Produkte sind bei mir regional je nach Saison ausgewählt. Das Menü beinhaltet dann auch eine Note, die sich durchzieht. Zum Beispiel Pfefferminz von der Vorspeise bis zum Dessert. Hier passt dann auch ein Kerner zur Vorspeise, oder ein Blanc de Noirs. Einen Beerliwein, zum Schluss einen Rosenmuskateller.

Was sollte Ihrer Meinung nach an erster Stelle stehen: zuerst die Weinauswahl und dann ein entsprechendes Gericht dazu zubereiten – oder das Gericht festlegen und dann den Wein dazu auswählen bzw. sich empfehlen lassen?

Die Empfehlung des Weines sollte zum Gericht passen, gut abgestimmt auf die Gewürze sowie die Koch- oder Gar-Art der regional frischen Produkte, die serviert werden.

Welche Fragen werden von Ihren Gästen meistens gestellt?
Was ist ein Schiller? Antwort: Eine typische Bündner Spezialität: Ein frisch und fruchtiger, hellroter Wein, eine «Cuvée» aus Blauburgunder und weissen Trauben, vornehmlich Chardonnay und / oder Pinot Gris. Die Reben müssen in der gleichen Parzelle angepflanzt und die Trauben zusammen gekeltert werden. Der Anteil roter Trauben muss mengenmässig überwiegen.

Was macht Gäste bei Wein unzufrieden?
Wer Wein liebt, trinkt fast täglich das eine oder andere Glas, geniesst es, neue Sorten zu probieren und schätzt sich glücklich, in der Schweiz eine so grosse Auswahl davon zu haben. So kann man doch gar nicht unzufrieden sein.

Was ist das Geheimnis eines guten Weines?
Ein guter Wein entsteht immer im Rebberg. Es grenzt an ein Wunder, wie viele Aromen und Geschmacksnoten aus Rebsorten ja nach Verschnitt gewonnen werden und wie gross die Unterschiede sind, was Qualität und Preis betrifft. Jeder hat besondere Vorlieben, was Wein betrifft. Das Terroir und die Reben und was einzelne Winzer mit unermüdlicher Arbeit und Hingabe zu leisten imstande sind. Ich verstehe es als Privileg, manche dieser Weingüter und Winzer kennengelernt und gesehen zu haben, mit wie viel Herz sie sich ihrer Arbeit und ihrem Land widmen und wie ihre Augen Stolz leuchten, wenn man ihren Wein probiert, für gut befindet und ein paar Flaschen kauft. Dies alles macht das Geheimnis eines guten Weines aus.

Was ist für Sie ein preiswerter Wein?
Guter Wein muss nicht immer teuer sein. Es gibt preisgekrönte Schweizer Weine, die erfolgreich an renommierten Weinprämierungen in der Schweiz und im Ausland teilgenommen haben und nicht mehr als CHF 18.- kosten.

Sind Schweizer Weine im Weinhandel gut kalkuliert?
Es gibt immer mehr Fachleute, die top ausgebildet und im Weinhandel tätig sind und dann natürlich in der Lage sind die Weine gut zu kalkulieren.

Welche Trends sehen Sie im Weingeschmack junger Leute?
Trenddrinks mit Portwein und Tonic, oder mit Prosecco. Was auch sehr beliebt ist bei jungen Leuten, ist ein Federweiss oder Blanc de Noirs.

Welche Weingebiete oder Regionen sind die zukünftigen positiven Überraschungen?
Das Appenzell mit der Rebsorte Malbec ist sicher eine Überraschung.

Bei welchen Weinregionen wird das Interesse abnehmen?
Ich denke, dass das Interesse an Neuseeland und Südafrika abnehmen wird, bestimmt auch aus ökologischen Gründen.

Nennen Sie eine Weinregion, die im nächsten Jahr besonders erfolgreich sein wird und warum?
Portugal besitzt durch seine klimatische, geologische und topografische Vielfalt über 250 autochthone Rebsorten.

Wer produziert die besten Weingläser und warum?
Riedel Sommeliers – das ist für mich Perfektion für einen einzigartigen Geschmack. Professor Claus J. Riedel war der erste Designer, der erkannt hat, dass die Form des Weinglases den Geschmack, die Balance, das Bouquet und den Abgang des Weines massgeblich beeinflusst.

Welche Flasche Schweizer Wein verkaufen Sie sehr gerne?
Malanser Kerner 2016 vom Peter Wegelin.

Welches sind Ihre Weinfavoriten für Schweizer Weine?
Bündner Herrschaft.

Welcher ist für Sie der beste Schweizer Schaumwein?
Irene Grünenfelder Crémant 2017.

Von welchem Wein haben Sie am meisten in Ihrem privaten Weinkeller?
Bündner Herrschaft Pinot Noir.

Welche zwei Weine würden Sie auf die einsame Insel mitnehmen?
Irene Grünenfelder Crémant 2017 und Château Pétrus.

Welche Winzer sind Ihnen die liebsten und warum?
Alle, die ehrliche Weine herstellen und Sorgfalt zur Natur tragen.

Welches ist Ihr persönliches Lieblings-Weinland, ausser der Schweiz, in Europa?
Italien.

Wieviel kostete der teuerste Wein, den Sie jemals bestellten?
Weingut Gantenbein, Fläsch Pinot Noir Barrique 2012 75cl zu 145.00.

Was ist Ihr Hobby?
Skifahren, Wandern.

Ihre Lieblingsmusik?
Klassik/Pop.

Ihr Lieblingsessen?
Maluns mit Apfelmus und Käse.

Mit welcher Persönlichkeit auf der Welt würden Sie eine Flasche Petrus trinken?
Michelle Obama.

Was wollten Sie als Kind gerne werden?
Tierärztin.

Was wären Sie ausser dem, was Sie heute sind, gerne geworden?
Tierärztin.

Was ist Ihr Lebensmotto?
Ich muss gar nichts.

Haben Sie einen grossen Traum?
Ja, ein Rustico mit Rebberg in Tessin.

Was halten Sie für Ihren grössten Vorzug bzw. Ihren grössten Fehler?
Ich kann nicht NEIN sagen.

Was halten Sie für Ihre grösste Tugend, was für Ihr grösstes Laster?
Das Helfersyndrom bzw. dass ich nicht Englisch gelernt habe.

Welchen Luxus leisten Sie sich gelegentlich?
Eine gute Flasche Wein und einen guten Whisky.

Welcher Versuchung widerstehen Sie nicht?
Schokolade.

Was bringt Sie auf die Palme?
Unpünktlichkeit.

Welches Kompliment hören Sie am liebsten?
Wenn die Gäste sagen: Es war eine gute Wein-Empfehlung.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Mit Heuen.

Sie gewinnen eine Million Franken, was würden Sie damit tun?
Ein Grotto in Tessin mit Rebberg kaufen.

Was schätzen Sie am Schweizer Sommelierverband besonders?
Es ist dem Sommelierverband zu verdanken, dass es endlich auch Eidgenössische Berufsprüfung für Sommeliers der Schweiz gibt und die Ausbildung so nationales Niveau erreicht ist. Dadurch hat der Sommelier-Beruf auch eine höhere Anerkennung erhalten.

Ladina Lemm persönlich

Seit vielen Jahren ist «Hotelier» das offizielle Verbandsorgan des Schweizer Sommelierverbandes ASSP-SVS.

An dieser Stelle publiziert der Verband Highlights aus der Schweizer Sommelier- und Weinszene.

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