Barbara Nebiker

Barbara Nebiker hat sich in ihrem beruflichen Werdegang immer wieder neuen Herausforderungen gestellt: von der KV-Lehre über das Wirtepatent bis zur «Diplomierten Sommelière Professionelle», von der Serviceangestellten über die Gastgeberin und Betriebsleiterin zum Mitglied der Geschäftsleitung der Brüderli Gastronomie. Der Wein hat sie immer begleitet, mal mehr, mal weniger intensiv. Aktuell lebt sie mit dem «Adler» in Kaiseraugust – nach eigener Aussage – ihren Traum. Seit Juli 2018 ist sie Wirtin im Landgasthof mit 11 Zimmern und 14 Mitarbeitern, einem alten Gewölbekeller, der als Weinkeller und Aperoraum genutzt wird und zwei Gaststuben mit gesamthaft 80 Plätzen.

 

Interview mit Barbara Nebiker
von Nadja Oehrlein und Bruno-Thomas Eltschinger

                                        

Als diplomierte Sommelière sind Sie für die Auszubildenden zuständig.
Ich bilde schon seit Jahren Lernende aus, also schon vor der Sommelier-Prüfung. Einerseits arbeite ich gerne mit jungen Leuten, weil sie so frisch und natürlich sind und andererseits ist mir der Nachwuchs in unserer Branche sehr wichtig.

Was ist Ihnen bei der Ausbildung Ihrer Lernenden wichtig?
Das Feuer für den Beruf, Teamfähigkeit, dass sie Menschen gerne haben und Interesse an den Produkten, sowohl Wein und andere Getränke wie auch Lebensmittel.

Wie hat sich Ihr Aufgabengebiet mit den Jahren verändert?
Von 1996 bis 2008 war ich mit meinem damaligen Mann selbständige Wirtin in einem kleinen Lokal in Pratteln (Höfli). In dieser Zeit war ich ausser für die Küche und Einkauf für alles zuständig. Über die Jahre wuchs die Weinauswahl beträchtlich. Wir pflegten vor allem auch die Weinbegleitung zu den Menüs.

Seit 2008 bin ich nun bei Brüderli Gastronomie, wo ich zu Beginn vor allem im Catering im Einsatz war. Schon bald übernahm ich den Weinkeller und das Sortiment für alle Restaurants. Die Firma Brüderli ist aus einer Metzgerei entstanden. Die Strukturen entwickelten sich erst nach und nach. Da war eben auch Handlungsbedarf bei der Betreuung der Lernenden und ich freute mich, diese Aufgabe wieder aufnehmen zu dürfen. Bis im Sommer 2018 arbeitete ich vor allem in der Administration (Offerten / Marketing / Speise- und Getränkekarten etc.).

Als klar wurde, dass wir den Landgasthof Adler in Kaiseraugst übernehmen werden, entschieden Toni Brüderli – der Inhaber und auch mein Lebenspartner – und ich, dass ich (endlich) wieder an die „Front“ darf. Die Herausforderung mit den Hotelzimmern reizte mich enorm. Also bin ich nun seit Juli 2018 Wirtin im Landgasthof mit 11 Zimmern und 14 Mitarbeitern, einem alten Gewölbekeller, der als Weinkeller und Apéo-Raum genutzt wird und zwei Gaststuben mit gesamthaft 80 Plätzen. Ich arbeite wieder im Service und erledige allgemeine Büroarbeiten vor Ort.

Sie verantworten auch die Produktion von vier Weinen mit. Was ist Ihre Aufgabe dabei?
Toni Brüderli und ich erledigen die Arbeiten im Rebberg – ca. 45 Aren. Die Spritzarbeiten und das Mulchen übernimmt ein Bekannter von uns. Für die Kelterung aller Weine zeichnet Ueli Bänninger vom Weingut Tschäpperli in Aesch verantwortlich.

Was sind für Sie die wichtigsten drei Eigenschaften eines Sommeliers?
Dass er Menschen gerne hat und gut einschätzen kann, gut zuhören kann und nicht sein Wissen präsentiert, dass er auch unbekannte Weine ausschenkt und die Gäste neugierig macht sowie, last, but not least, dass er die Kombination von Essen und Wein beherrscht.

Sind Sommeliers eher Entertainer oder Verkäufer, die Gästen etwas aktiv verkaufen sollen?
Gute Frage – irgendwie beides. Geschichten zu den Weinen sind wichtig, damit wir verkaufen können.

Was darf ein Sommelier nie sagen?
Er darf den Gast nicht belehren oder dem Gast widersprechen, wenn dieser der Meinung ist, dass ein Wein Korkgeschmack hat.

Was ist die schwierigste Aufgabe eines Sommeliers?
Einerseits der Lagerumsatz und andererseits Mitarbeiter ohne Weinverständnis von der Wichtigkeit der Freude am Wein zu überzeugen.

Wieviel sollte ein Sommelier in der Schweiz mindestens verdienen?
Das hängt von der Grösse und Art des Betriebes ab. Kleine Betriebe haben wohl kaum ein Budget, das einen Lohn von über Fr. 4800.00 erlaubt.

Welches war das prägendste Erlebnis in Ihrer Laufbahn als Sommelière?
Immer wieder die Winzer selbst bei meinen Weingutbesuchen zu erleben.

Welchen heutigen Sommelier bewundern Sie?
René Blanco, Paolo Basso.

Welchen Sommelier in der Geschichte werden Sie nie vergessen?
Charlie Neumüller vom Fletschhorn.

Welches Restaurant weltweit hat heute den besten Sommelier?
Eros Teboni / Feuerstein Nature Family Resort im Südtiroler Pflerschtal.

Welches Restaurant in der Schweiz hat heute den besten Sommelier?
Aurélien Blanc / Pavillon Baur au Lac.

Ist es anstrengend berufshalber immer Wein trinken zu müssen?
Nein.

Inwieweit spielt ökologischer Weinbau bzw. Trendthemen wie Naturwein oder Orange-Wein in Ihren Restaurants und bei der Ausbildung Ihrer Lernenden eine Rolle?
Es ist ein Nischenprodukt, aber dennoch sehr spannend.

Nach welchen Kriterien lehren Sie die Empfehlung des passenden Weins zur Speise?
Der Geschmack des Essens ist massgebend, in zweiter Linie dann die Aromen.

Was sollte Ihrer Meinung nach an erster Stelle stehen: zuerst die Weinauswahl und dann ein entsprechendes Gericht dazu zubereiten – oder das Gericht festlegen und dann den Wein dazu auswählen bzw. sich empfehlen lassen?
Je nach Situation - wenn ich einen spezifischen Wein trinken möchte, koche ich das Essen dazu, meistens ist jedoch umgekehrt, vor allem im Restaurant.

Was ist Ihrer Erfahrung nach den Gästen bei der Weinempfehlung wichtig?
Dem Gast ist wichtig, dass ich das Budget treffe, dass ich den richtigen Typ Wein bringe. Mich freut es natürlich, dass ich oft Unbekanntes servieren darf. Zudem interessieren mich besonders die Geschichten zum Wein oder Winzer.

Was macht Gäste bei Wein unzufrieden?
Wenn die Temperatur nicht korrekt ist, wenn der Wein Kork / Zapfen hat und wenn der Preis überhöht ist oder die Qualität schlecht.

Was ist das Geheimnis eines guten Weines?
Die Struktur und Harmonie.

Sind Schweizer Weine im Weinhandel gut kalkuliert?
Schweizer Weine sind für die Gastronomen im Weinhandel oft gleich teuer wie ab Weingut, weil die Händler kaum Marge haben. Das finde ich schade.

Welche Trends sehen Sie im Weingeschmack junger Leute?
Einsteiger bevorzugen nach wie vor eher süsse Weine. Interessierte Weintrinker allerdings sind sehr offen.

Welche Weingebiete oder Regionen sind die zukünftigen positiven Überraschungen?
Für mich ist es nach wie vor die Schweiz und vermutlich die Weinbauländer im Osten.

Bei welchen Weinregionen wird das Interesse abnehmen?
Frankreich und Deutschland.

Nennen Sie eine Weinregion, die im nächsten Jahr besonders erfolgreich sein wird?
Die Schweiz – weil die Qualität ständig steigt und die Winzer vor allem in Bezug auf Sortenvielfalt kaum zu bremsen sind.

Wer produziert die besten Weingläser?
Riedel und Zalto – gute Formen, gute Qualität.

Welche Flasche Schweizer Wein verkaufen Sie sehr gerne?
Nun ja, ehrlich gesagt, zuerst natürlich den eigenen. Ansonsten den Hommage von Tschäpperli, den Freiburger der Domaine Chevret , verschiedene Pinot Noirs aus der Ostschweiz, dann der Ronco di Persico von Hubervini und noch ganz viele mehr.

Welcher ist für Sie der beste Schweizer Schaumwein?
Der eigene, aber andere kenne ich auch zu wenig.

Von welchem Wein haben Sie am meisten in Ihrem privaten Weinkeller?
Das sind Nebbiolo-Weine.

Welche zwei Weine würden Sie auf die einsame Insel mitnehmen?
Einen Barbaresco von Bruno Giacosa und eine trockene Spätlese von einem Riesling aus der Mosel, z.B. von Eiffel.

Welche Winzer sind Ihnen die liebsten und warum?
Ueli Bänninger, weil er ein feinfühliger Winzer ist, Hans Ulrich Kesselring, weil er mir einen unvergesslichen Nachmittag im Schlossgut Bachtobel bescherte.

Welches ist Ihr persönliches Lieblings-Weinland, ausser der Schweiz, in Europa?
Italien.

Wieviel kostete der teuerste Wein, den Sie jemals bestellten?
Grange von Penfolds 1998 / Fr. 600.00

Was ist Ihr Hobby?
Bewegung jeglicher Art in der Natur, lesen, reisen.

Ihr Lieblingsessen?
Geschmortes wie Ragoût und Braten mit Kartoffelstock.

Mit welcher Persönlichkeit auf der Welt würden Sie eine Flasche Petrus trinken?
Mit meinem Mann.

Was wären Sie ausser dem, was Sie heute sind, gerne geworden?
Geologin.

Was ist Ihr Lebensmotto?
Das Leben geniessen und einen respektvollen Umgang mit Mitmenschen und Umwelt pflegen.

Haben Sie einen grossen Traum?
Er ist schon erfüllt: ein kleines Hotel.

Was halten Sie für Ihren grössten Vorzug bzw. Ihren grössten Fehler?
Fehler: hastig, viele Flüchtigkeitsfehler;
Vorzug: Bodenhaftung.

Was halten Sie für Ihre grösste Tugend, was für Ihr grösstes Laster?
Tugend: Weingenuss;
Laster: Weingenuss.

Welchen Luxus leisten Sie sich gelegentlich?
Einen Restaurantbesuch in einem gehobenen Lokal und ein schönes Hotelzimmer.

Welcher Versuchung widerstehen Sie nicht?
Im Hochsommer in den Rhein zu springen.

Was bringt Sie auf die Palme?
Schlodrigkeit.

Welches Kompliment hören Sie am liebsten?
Ich fühle mich wohl bei dir.

Womit haben Sie Ihr erstes Geld verdient?
Am Miba-Stand während der Gartenausstellung Grün80 in Münchenstein.

Sie gewinnen eine Million Franken, was würden Sie damit tun?
Ich würde mit Freunden auf (Wein-)Reisen gehen und wenn es mir langweilig würde, in einem bedürftigen Land Entwicklungshilfe leisten.

Was schätzen Sie am Schweizer Sommelierverband besonders?
Die Reisen und das Kursangebot – auch wenn ich schon lange nicht mehr teilnehmen konnte.

Barbara Nebiker persönlich

Seit vielen Jahren ist «Hotelier» das offizielle Verbandsorgan des Schweizer Sommelierverbandes ASSP-SVS.

An dieser Stelle publiziert der Verband Highlights aus der Schweizer Sommelier- und Weinszene.

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