Marie Thèrese Chappaz 4

Brunos Reisenotizen

Die renommierte Vereinigung Mémoire des Vins Suisses (Die Schatzkammer des Schweizer Weins), welcher die Elite der Schweizer Weinproduzenten sowie Journalisten und Fachleute aus der Welt des Weins angehören, hat im Frühjahr erneut eindrücklich dokumentiert, dass der Schweizer Wein den international anerkannten, hochstehenden Qualitätsgewächsen in nichts nachsteht.

Marie Thèrese ChappazDas Hôtel de Ville in Sierre platzte aus allen Nähten, als 56 der besten Schweizer Winzerinnen und Winzer je drei Jahrgänge ihrer Schatzkammerweine präsentierten.Ich hatte danach auch noch Gelegenheit, mit der legendären Winzerin Marie-Thérèse Chappaz durch ihren Weinberg in Fully zu wandern. Es wurde zu einem Erlebnis, das nachhaltig nachwirkt, nicht weil ich immer noch „Muskelkater“ hätte, sondern weil ich jetzt weiss, welche harte Arbeit hinter ihren berühmten Weinen steckt. Es ist ein besonderes Glück diese Winzerin im beschaulichen Fully auf ihrem Weingut Domaine de la Liaudisaz, das sie 1988 gründete, zu besuchen. Die passionierte Önologin pflegt zum Wein und ihren Weinbergen eine Art Liebesbeziehung. Die vielfältigen Rebsorten in ihren Weinbergen kultiviert sie nach den arbeitsintensiven Prinzipien der Biodynamik, denn Klima, Rebsorten, Fauna und Flora müssen bei ihr im Einklang mit der Natur stehen. Seit neustem auch wieder mit Pferdekraft, kreiert die Winzerin ihre Weine und ist stets auf der Suche nach dem optimalen Aroma und Geschmack, die nur durch Geduld und Leidenschaft hervorgebracht werden können. Die liebevolle, gelenkige und energiegeladene Frau, das etwas zerzauste Haar seitlich kunstvoll zusammen geflochten, ist ein Wirbelwind im Weinberg. Kurz zeigt sie mir im vorbeiwandern die alten Rebstöcke, die verknöchert auf einer der schmalen Terassen stehen.

Durch die runde Brille blitzen wache Augen einer Frau, die nichts anderes zu sein vorgibt, als was sie ist. Die Füsse fest auf dem Boden der Fakten. Mit dem Titel „Star des Schweizer Weins“ als die „einzige Schweizer Winzerin, deren Namen die ganze Welt kennt“ gekrönt, fand die avantgardistische Winzerin jetzt die Anerkennung, was ihr am Anfang nur wenige gönnten: „Nun bin ich wohl gut akzeptiert“, meint sie trocken. Marie-Thérèses grosse Bescheidenheit wirkt angesichts ihres enormen internationalen Renommees berührend. Diese Frau pflegt zu ihrem geradlinigen Wein eine komplexe Beziehung. Er ist ihre geistige und existenzielle Nahrung, reine Poesie und doch ein ewiges Rätsel. Mit der arbeitsaufwendigen biologisch-dynamischen Bewirtschaftung nähert sie sich seinem Geheimnis ein Stück weit. Doch kommt die Sprache auf die Petite Arvine, blüht Ihre Seele auf, ihr Gesicht beginnt von innen zu leuchten. „Keine andere Walliser Rebsorte hat eine grössere Aromenvielfalt, ein grösseres Qualitätspotenzial als die Petite Arvine“, bekräftigt sie energisch.

Chappaz produziert zwei Arvines und der Ort Fully gilt als „Kapitale“ dieser Traube: Die trockene, barriqueausgebaute Grain Blanc, mineralisch streng und reifebedürftig. Ich fragte Marie-Thérèse während unserer steil abfallenden Weinbergswanderung, welchen Wein sie einem Jungen unter 20 Jahren zum Einstieg in die Weinwelt empfehlen würde? „Eine köstliche, edelsüsse Grain Noble aus botrytisbefallenen Beeren mit einem Miniertrag von einem Deziliter pro Quadratmeter. Ein Nektar von traumhafter Verführungskraft und Sinnlichkeit“, sagt sie mit schelmischem Lächeln. Zu ihren Süssweinen empfiehlt sie Blaukäse wie Stilton mit „Pain de Siecle“, caramelisierte Birne, Ananasscheiben oder Apfelkuchen. Alle gekochten Früchtedesserts passen ausgezeichent dazu. Mich interessiert, von welchem Wein sie träumt einmal oder nochmals zu trinken? „Es wäre ein „Champager Bollinger vieilles vignes françaises blanc de noir. Dieser Wein kommt von zwei Parzellen, die vor der Reblaus gepflanzt sind, also mit wurzelechten Reben. Er lässt mich träumen“, schwärmt sie. Und dann auch ein Glas aus dem Fass des Bischofs in Grimentz, wo sie den Hermitage jedes Jahr mit dem neuen Jahrgang im Soleras System auffüllen, aber der Gletscherwein bleibt immer im selben Lärchenfass“.

Marie Thèrese Chappaz 2Würde sie im Rückblick etwas anders machen, als sie es tat? „Ich würde sofort mit der Biodynamik beginnen und nicht zehn Jahre warten. Aber ich kannte damals die Biodynamik nicht, von der ich noch nie gehört hatte. Und ich würde mich besser um die Pflanzen kümmern, wenn wir neue Reben pflanzen. Zuerst den Wurzelstock anpflanzen und nach drei Jahren am Rebstock veredeln. Also wurzelt die Pflanze zuerst und wird dann gepfropft. Ich würde gerne Wurzelechte Reben pflanzen, aber wir haben die Reblaus nicht gelöst“. Warum ist Süsswein eigentlich zu ihrem Markenzeichen geworden, frage ich sie während wir gerade die letzte Spitzkurve unter unser grobes Schuwerk nehmen? „Weil ich immer die besten Trauben aussuche“, sagte sie voller Überzeugung. Marie-Thérèse bekommt ja viele Komplimente, aber von wem bedeutet es ihr am meisten? „Von meiner Mutter“, gesteht sie ganz emotional wie immer. Danach putzen wir noch unsere Schuhe und geniessen ein verdientes Glas „Grain noble“.

Bruno-Thomas Eltschinger

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