Sehr geehrter Herr Roger De Weck

Im Schweizer Fernsehen SRF scheinen Genuss und Wein Fremdwörter zu sein. Die TV-Macher zeigen zwar von der Landfrauenküche bis hin zum Wetterbericht, vom Wort zum Sonntag bis zu Schawinskis Staccato-Interviews, vom Kassensturz bis zu Globetrotters Uralreisen, von Rätoromanisch bis zur Sternstunde, von Talent-Shows bis Glanz und Gloria alles, was das allgemeine Herz begehrt. Man produziert alle möglichen und unnötigen Formate über Armut, Weltschmerz, Katastrophen, Ungerechtigkeiten, Verbrechen und Kriege. Je mehr Unglück und tragische Ereignisse auf der Welt geschehen, umso mehr kann man den TV-Konsumenten ein schlechtes Gewissen einreden, weil es uns ja ein wenig besser geht. Das erinnert an die Methoden der Boulevardpresse. Am liebsten loben die TV-Macher (fast) alles, was in der EU so passiert. Da wird oft (unreflektiert) alles in den Himmel gehoben, um uns glauben zu lassen, wir Schweizer seien unsolidarische Rosinenpicker und Trittbrettfahrer mit einer egoistischen Einstellung. Kurz und gut: Die Qualität unserer Weinwirtschaft wird hingegen vollständig und ohne Grund ignoriert.
Ich stelle mir vor, wie Sie, lieber Roger de Weck, mit zitternden Knien vor dem TV-Apparat sitzen, wenn in einer SRF-Sendung einheimischer Wein propagiert würde (Stichwort Werbung). Wein, der ja zum Alkoholkonsum animiert! Welches politische Erdbeben dieser Wein-Beitrag wohl auslösen könnte. Nun, die Schweiz gilt als Ort, wo der moderne Tourismus erfunden wurde. Unsere Weinberge am Genfersee gehören zum Weltkulturerbe der UNESCO – und unsere Gastronomie und Hotellerie sind weltbekannt. Ausser der Werbesendung eines Grossverteilers, wo über Spaghetti und Getränkeaktionen berichtet wird, ist mir keine TV-Sendung bekannt, wo es um Schweizer Kulinarik, Genuss, Winzer, Weinberge, Gastronomie und Hotellerie geht. Natürlich berichten Sie ab und zu über einen Restaurantskandal, über falsch deklarierte Lebensmittel, Gammelfleisch oder rückläufige Logiernächtezahlen. Genuss und Wein scheinen – aus der Optik der TV-Macher – völlig zweitrangige Themen zu sein. Jeder mag zwar ein gutes Glas Wein, jeder schätzt ein feines Essen, jeder will geniessen – aber bei SRF schafft man es offensichtlich, solche Genuss-Dinge kunstvoll zu ignorieren. Wein ist am Fernsehen bestenfalls dann ein Thema, wenn in der TV-Sprechstunde von Alkoholismus und der damit verbundenen Sucht die Rede ist.
Ich kenne keinen deutschen TV-Krimi, in dem nicht ab und zu genussvoll ein Glas Wein getrunken wird. Und am Schweizer Fernsehen SRF? Da lassen, wenn es hoch kommt, ein paar Landfrauen in adretten Trachten ihre Gläser klirren, wenn es am Schluss der artig inszenierten Folklore-Sendung ein bisschen locker zu und her geht.
Das ist im nahen Ausland – in Deutschland oder Österreich – ganz anders. Da berichten die TV-Sender regelmässig über einheimische Kulinarik, Weinszene, Köche, Gastronomen, Traumhotels und solche Dinge. Warum tun Sie das nicht? Sie sind ja ein weltoffener Mann, der das Leben geniesst! Kennen Sie die Sendung aus dem «fröhlichen Weinberg» (Deutschland), wo Winzer und Winzerköniginnen die Szenerie beherrschten, wo einheimisches Schaffen und Brauchtum authentisch und kunstvoll in Szene gesetzt wurden? Ja, ich wünsche mir eine TV-Sendung in der Schweiz, wo der Wein, der Genuss, im Zentrum steht – und nicht bloss als Dekoration eine Nebenrolle spielt. Die Schweiz ist ein Weinland! Unsere Weine sind – international gesehen – heute auf einem Top-Niveau. Unsere Weinberge sind weltbekannt. Kommt hinzu: Der Schweizer Weinbau ist ein wichtiger Wirtschafts- und Kulturfaktor – aber beim Schweizer Fernsehen SRF scheint man dies noch nicht bemerkt zu haben.
Warum berichten Sie nicht mal über das Weinkulturerbe in der Lavaux? Die Winzer dort haben eine Menge zu erzählen. Da geht es um Kultur, Handwerk, Tradition. Kennen Sie die Bündner Herrschaft? Wissen Sie, dass dort Weltklasseweine auf höchstem Niveau entstehen? Pinot Noirs, die es mit den ganz Gros-sen auf dieser Welt aufnehmen können. Kennen Sie die autochthonen Rebsorten im Wallis? Wahre Exklusivitäten! Und erst das Tessin mit seinen kreativen Winzern. Jeder kennt sie, jeder trinkt sie. Jeder mag sie.
Im Gegensatz zum Schweizer Fernsehen SRF ist das Internet viel weiter. Wer was über Schweizer Weine wissen will, geht ins Netz – und findet dort alle relevanten Informationen. Das macht Spass! Warum produziert man nicht eine Sendung, vielleicht sogar live, zum «Grand Prix du vin Suisse»? Ein toller Anlass. Die Quoten wären garantiert nicht schlecht.

Der Autor: Bruno-Thomas Eltschinger ist Präsident des Deutschschweizer Sommelierverbandes (SVS/ASSP). Seit vielen Jahren beschäftigt er sich professionell mit der internationalen und der schweizerischen Weinszene.

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