Die Weinberatung ist im Preis inklusive!

Auch heute gibt es immer noch das Klischee, dass der Sommelier ein distinguierter alter Herr sei, mit leicht französischem Akzent und mit einem silbernen Aschenbecher an einer Kette auf der geschwellten Brust. Er ist sehr würdevoll, wenn nicht gar snobistisch und er zieht sofort seine Augenbrauen hoch, wenn man nicht seiner Weinempfehlung folgt, oder wenigstens die teuerste Flasche bestellt. Nur sein eisiger Blick ist die Antwort auf die leise Frage nach offenem Wein. Den bestellten Landwein stellt er sehr unwillig auf den Tisch und seine Körpersprache demonstriert: Mit dieser Bestellung habe ich nichts zu tun!
Heute kann man solche Herren in Restaurants und Hotels nicht mehr gebrauchen. Dafür sind die Sommeliers von heute da. Leider werden Sie oft auch nicht gebraucht. Im Restaurant lässt sich der Gast vom Kellner erklären, was der Unterschied zwischen Kobe- und Angus-Beef sei und man vergewissert sich, dass die Maispoularde aus dem Bresse wirklich ein glückliches Dasein gehabt hat. Wenn nach ausgiebiger Beratung endlich das Menü feststeht, sollte die Weinbestellung erfolgen. Eine Freude für den Wirt – oft genug ein Frust für den Gast.
Der Wirt freut sich nämlich, weil er mit der schönen Weinmarge die Lohnkosten stützen kann. Ein Restaurant nur mit der Küchenmarge zu bewirtschaften, ist fast nicht möglich. Und je gehobener, je mehr Sterne oder Punkte das Lokal hat, umso mehr kosten die Rohstoffe, das Fachpersonal, das Ambiente, das Marketing. Diese Kosten sind nur dank einem gut bestückten Weinkeller mit stolzen Flaschenpreisen möglich. Es ist kein Zufall, dass fast alle Spitzenbetriebe einen Sommelier beschäftigen. Sie wissen über Essen und Wein Bescheid. Sie können kompetent beraten, welcher Wein zu welchem Gang oder zu welcher Zubereitungsart passt. Sie haben die Sensorik nicht nur für den Wein, sondern auch das Gespür für die Preissensibilität des Gastes.
Nun, es ist bedauerlich, dass die meisten Restaurants mit guter Küche und teuren Weinen dem Gast die kompetente Weinberatung unterschlagen, denn im Weinpreis ist die Beratung einkalkuliert und bezahlt. Der Gast hat ein Anrecht darauf! Es ist schade, wenn der Gast bei der Weinberatung alleingelassen wird. Dank strukturierter Weinkarte weiss das Servierpersonal meistens über Farbe und Ursprungsland Bescheid, aber selten ist da mehr vorhanden. Vielleicht folgt noch eine trockene oder sogar liebliche Beschreibung – ja, und der Wein sollte vor allem fruchtig sein und einen langen Abgang haben. Aber dann ist das Weinlatein schon bald am Ende.
Über Region, Traubensorten, Winzer, Geschmacksnoten und andere (wichtige) Details wird der Gast in Dunkeln gelassen – oder er darf sich über sein iPhone informieren. Das wird denn auch immer öfter getan, aber oh weh! Nun sieht er, dass die Flasche, für die er 120 Franken zahlen sollte, im Einkauf nur 16 Franken kostet! Man kommt sich verschaukelt vor und bestellt lieber ein Bier oder Mineralwasser. Das würde mit einer kompetenten Weinberatung nicht passieren. Da kann sich der Gast auf den Ratschlag des Sommeliers verlassen, er lässt sich zu Experimenten verführen und er probiert andere Weintypen aus Ländern, die er bis jetzt gemieden hat. Als Nebeneffekt ist Weinberatung nicht nur Beratung in Sachen Wein. Der Sommelier ist nämlich Gastgeber, Betreuer, und Repräsentant des Hauses. Die Servicebrigade hat oft keine Zeit, um die Gäste noch extra zu betreuen, dafür ist ein Sommelier da. Es ergeben sich unzählige Gelegenheiten für direkten Gästekontakt. Und die Gäste fühlen sich ernst genommen, aufgehoben und verwöhnt. Sie lassen ihr Geld gerne dort – und sie kommen gerne wieder. Denn sie wissen, dass sie für ihr Geld mehr bekommen als Speis und Trank. Und plötzlich finden die Gäste weniger Korkgeschmack und die Flaschenpreise sind nun auch in Ordnung.

Der Autor: Bruno-Thomas Eltschinger ist Präsident des Deutschschweizer Sommelierverbandes (SVS/ASSP). Seit vielen Jahren beschäftigt er sich professionell mit der internationalen und der schweizerischen Weinszene.

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