Gott, Götter, Heilige

Wein ist aus der Kulturgeschichte der Menschen nicht mehr wegzudenken. Bereits vor rund 80 Millionen Jahren gab es erste Funde von Rebsamen. Aus Wildreben wurde Wein allerdings wohl erst vor etwa 8000 Jahren gekeltert. Weitere Funde belegen, dass die Ägypter vor 4700 Jahren sowohl rote als auch weisse Trauben ernteten. Das Grab des Tut-anch-Amun enthielt um 1340 v. Chr. neben vielen anderen Schätzen 36 grosse Amphoren mit Weinen. In der antiken Mythologie waren es Osiris (Ägypten), Dionysos (Griechenland), Bacchus (römische Mythologie) oder Gilgamesch (Babylonien), die den Wein, beziehungsweise Weingenuss repräsentierten. In der Bibel gilt Noah als der erste Weinbauer und Weingeniesser. Der Wein erfährt in der Bibel einen reichen symbolischen Gebrauch. Im Alten und Neuen Testament gibt es viele Textstellen, die rund um den Wein ranken. Besonders beim Abendmahl ist der Wein zu ganz besonderer Bedeutung gelangt. Sehr bekannt ist auch das Wunder bei der Hochzeit von Kanaan, bei der Jesus Wasser in sechs steinernen Krügen auf wunderbare Weise in Wein verwandelte.
Im Zuge der Völkerwanderung breitete sich der Weinbau stetig aus und erlangte besonders im antiken Griechenland und Rom eine grosse Bedeutung, so sind der griechische Gott Dionysos und der römische Gott Bacchus explizit dem Wein und der Fruchtbarkeit gewidmet und werden demnach auf den meisten Abbildungen mit Weinreben dargestellt. Während Wein im antiken Ägypten vor allem von der sozialen Oberschicht konsumiert wurde, wurde sein Konsum im Römischen Reich auch einfachen Soldaten empfohlen. Im Römischen Reich galt der Wein daher als heilendes und stärkendes Getränk, das unverzichtbar auf den unzähligen Eroberungszügen war, mit denen auch der Weinbau über ganz Europa verbreitet wurde, wo er sich im Laufe der Zeit etablierte. In vielen Religionen der Welt spielt Wein eine wichtige und auch liturgische Rolle beim Gottesdienst. Er wurde seit Urzeiten als gottgefällige Opfergabe verwendet sowie als Medium verstanden, mit Gott oder den Göttern in mystische Verbindung zu treten. Auch in der Bibel gibt es zum Thema Wein an zahlreichen Stellen zum Teil umfangreiche Zitate. Ein zentraler Glaubenspunkt der römisch-katholischen Kirche ist die Umwandlung von Brot und Wein in Christi Fleisch und Blut im Rahmen der Eucharistie. Wein wurde oft von den Klöstern angebaut, und er wurde dort auch konsumiert. In Europa haben sich besonders die drei Mönchsorden der Benediktiner, Kartäuser und Zisterzienser grosse Verdienste erworben.
In vielen Weinbauregionen wurden von alters her Heilige besonders verehrt. Ihre Statuen befinden sich sowohl in Kirchen und Häusernischen wie auch mitten in den Weinbergen als Bilderstöcke. Was die Antike noch als Weingötter bezeichnete, wurde im Christentum zu den Weinheiligen. Besonders beliebt waren sie vor allem an Rhein und Mosel. Der Wein ist das Produkt mit der grössten Anzahl an Schutzpatronen. Rund 70 Weinheilige umfasst der edle Rebensaft. Der eigentliche Schutzpatron des Weinstocks wie auch des Winzers ist der heilige St. Urban. Mit seinem grossen Tag, dem 25. Mai, folgt er auf die gefürchteten Eisheiligen (Mitte Mai), also wenn der Frost nicht mehr zu erwarten war und man gutes Wetter erbat. Weitere Weinheilige sind zum Beispiel: Laurentius, 10.8. (für das Gedeihen der Weintrauben), Paulus, 29.6. (für Regen & Fruchtbarkeit und gegen Blitz und Hagel oder St. Martin.
Nun, Wein hat eine einzigartige Eigenschaft: Wein reift mit dem Alter. Die meisten Lebensmittel zersetzen sich, wenn die Zeit voranschreitet. Alle physischen Dinge verhalten sich ebenso – Gebäude zerfallen, Kleidung nutzt sich ab, unsere Körper altern. Dies ist, weil alles Physische kurzlebig ist. Eine Ausnahme ist Wein. Obwohl Wein ebenfalls physisch ist, hat er die spirituelle Eigenschaft der Verbesserung mit dem Alter.

Der Autor: Bruno-Thomas Eltschinger ist Präsident des Deutschschweizer Sommelier-Verbandes (SVS/ASSP). Seit vielen Jahren beschäftigt er sich professionell mit der internationalen und schweizerischen Weinszene

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